Vertreibung indigener Völker: Zusammenhang von Wilderei und Terrorismus „größtenteils falsch“

23 September 2015

Baka-„Pygmäen“ und deren Nachbarn haben unter der Militarisierung von Anti-Wilderei-Einheiten zu leiden. © Selcen Kucukustel/Atlas

Diese Seite wurde 2015 erstellt und enthält möglicherweise Formulierungen, die wir heute nicht mehr verwenden würden.

Ein kürzlich veröffentlichter Bericht hat das Argument, dass der illegale Handel mit Wildtieren in Ostafrika maßgeblich den Terrorismus finanziere, als falsch entlarvt. Diese Übertreibung wird oft genutzt, um die Militarisierung von Anti-Wilderei-Einheiten sowie die Verfolgung von Indigenen, die für ihren Lebensunterhalt jagen, zu rechtfertigen.

Der Bericht mit dem Titel „An Illusion of Complicity: Terrorism and the Illegal Ivory Trade in East Africa“ wurde am Dienstag vom ehemaligen Außenminister Großbritanniens William Hague vorgestellt. Er kommt zu dem Fazit, dass die Beweise im Falle der Terrorgruppe Al Shabaab für das Mitwirken „extrem begrenzt und gegensätzlicher Natur“ seien. Zudem werde jegliche Beteiligung der Gruppe von „organisierten Verbrecherringen und und korrupten Beamten in ganz Ostafrika in den Schatten gestellt …“.

Die Erkenntnisse entlarven Fehler in einer Erzählweise, die sich in Naturschutz- und politischen Kreisen über Jahre hinweg durchgesetzt hatte und dabei zur Verfolgung von indigenen Jägern in ganz Afrika geführt hat.

In dem U.S.-Magazin „Truthout“ stellt Stephen Corry, Direktor von Survival International, der globalen Bewegung für die Rechte indigener Völker, das Argument infrage, dass der Elfenbeinhandel Al Shabaab maßgeblich finanziere. Diese Behauptung gehe lediglich auf einen einzigen von der Elephant Action League veröffentlichten Artikel zurück. Dieser war von Nik Kalron mitverfasst worden, dem Generaldirektor der in Tel Aviv ansässigen Maisha Consulting. Diese stellte militärische Beihilfe und Waffentraining für Naturschutzinitiativen zur Verfügung.

Indigene Völker wie die Buschleute in Botswana, die Bayaka in der Republik Kongo und die Baka-„Pygmäen“ sowie deren Nachbarn in Kamerun werden als Wilderer kriminalisiert, obwohl sie nur für ihren Lebensunterhalt jagen.

Trophäenjäger und korrupte Beamte hingegen, die in der Wilderei involviert sind – einschließlich solcher, deren Aufgaben im Bereich des Naturschutzes liegen – werden nicht zur Zielscheibe.

Kinessa Johnson ist eine der ehemaligen Soldatinnen in der VETPAW, eine Organisation, die Veteraninnen und Veteranen nach Afrika schickt, um dem Terrorismus dort die „finanzielle Grundlage zu entziehen“. © Survival

2015 verkündete Botswanas Präsident Ian Khama: „Der Wildtierhandel dreht sich nicht mehr nur um den bloßen Handel mit lebenden Tieren, ihren Wertstücken und Nebenerzeugnissen. Die Erträge werden genutzt, um andere Verbrechen wie Terrorismus, Waffen- und Drogenhandel zu finanzieren.“ Botswanas Regierung hat ein landesweites Jagdverbot ausgerufen, das besonders auf Buschleute abzielt, die für ihren Lebensunterhalt jagen.

Eine Bayaka-Frau im Kongo sagte: „Wegen der Wildhüter [Anti-Wilderer-Einheiten] sitzen wir hier und verhungern. Sie haben unsere Welt zerstört. Wenn wir versuchen im Wald zu jagen, schlagen sie uns sehr schwer. Sie töten uns sogar, wenn sie uns im Wald sehen.“

Stephen Corry sagte: „Der Naturschutz muss eine saubere Lösung finden und mit den wertlosen Erfindungen aufhören. Zweifellos gibt es in einigen Ländern organisierte Wilderei, doch sie darf nicht länger als Ausrede für den Missbrauch indigener Völker, deren Land immer noch von der Naturschutzindustrie gestohlen wird, herhalten. Naturschützer betreiben Jagd als Sport, aber Indigenen ist es verboten, für ihren Lebensunterhalt zu jagen. Es ist höchste Zeit, dass dem ein Ende gesetzt wird. Naturschützer würden wohl mehr erreichen, wenn sie sich darauf konzentrieren würden, Beamte – die nicht selten deren eigene Partner sind – daran zu hindern, vom illegalen Tierhandel zu profitieren. Doch sicher ist es einfacher, die Schuld anderen in die Schuhe zu schieben.“

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