Indien: 'Stolz statt Steinzeit'-Kampagne gegen Vorurteile über Indigene

4 Juli 2013

Die „Stolz statt Steinzeit”-Kampagne nimmt die in Indien vorherrschende Meinung ins Visier, wonach indigene Völker wie die Dongria Kondh „rückständig“ und „primitiv“ seien. © Survival

Diese Seite wurde 2013 erstellt und enthält möglicherweise Formulierungen, die wir heute nicht mehr verwenden würden.

In Indien fiel der Startschuss für eine wegweisende neue Kampagne, die sich gegen das tiefsitzende Vorurteil richtet, dass indigene Völker „rückständig“ und „primitiv“ seien. Diese Vortsellung kommen oft dann zum Einsatz, wenn der Diebstahl indigenen Landes gerechtfertigt werde soll, oder wenn es darum geht, Indigenen eine Änderung ihrer Lebensweise aufzuzwingen.

Die Stolz statt Steinzeit-Kampagne (Proud, Not Primitive) zeigt, dass indigene Völker nicht in der Vergangenheit stecken geblieben sind, sondern allen Grund haben, stolz auf ihre autarke und nachhaltige Lebensweise zu sein, die sie über Generationen hinweg entwickelt haben.

Ein Angehöriger des Volkes der Toda, das im südindischen Bundesstaat Tamil Nadu lebt, erklärte gegenüber Survival International: „Ich unterstütze die „Stolz statt Steinzeit”-Kampagne. Ich weiß, was das Land für unsere Gemeinschaften bedeutet … Wir ziehen es vor, im Wald zu bleiben, und nicht in einer Stadt neu angesiedelt zu werden – denn dies hier ist unsere Heimat … Wir können aus dem Land Dinge gewinnen. Das Leben für uns ist glücklicher als in einer Stadt.“

Die Charakterisierung indigener Völker als „primitiv“ und „rückständig“ findet sich ganz offen in den Medien – aber auch Vertreter der Industrie und von indischen Regierungsstellen äußern sich so. Diese Vorurteile bilden zu einem wesentlichen Teil die Grundlage für die Misshandlung, der sich indigene Völker in Indien ausgesetzt sehen: Es kommt zu Massenvertreibungen von ihrem Land und groben Verstößen gegen die Würde und Rechte der Indigenen.

Dem Volk der Jarawa, das autark auf den zu Indien gehörenden Andamanen-Inseln lebt, sollte bereits die vorherrschende Lebensweise aufgezwungen werden. © Survival

Der vorherrschenden Meinung nach sind indigene Völker “rückständig” und bedürfen der “Entwicklung”. Außerdem seien Megaprojekte wie Staudämme oder Baurgbau zu ihrem “Nutzen”, und die Indigenen müssten dazu gebracht werden, sich der vorherrschenden Lebensweise anzuschließen. Dies beruht auf der Annahme, dass indigene Völker nicht wüssten, was am besten für sie ist. Ihr Recht auf ihr Land und darauf, über ihre eigene Zukunft zu bestimmen, wird systematisch missachtet.

Lodu Sikaka, ein Sprecher der Dongria Kondh, die im ostindischen Bundesstaat Odisha leben, äußert seinen Unmut: „Es ist schon verrückt. Da kommen diese Leute von außen und wollen uns erklären, was „Entwicklung“ ist. Aber ist Entwicklung denn möglich, wenn man die Umwelt zerstört, die uns mit Nahrungsmitteln, Wasser und Würde versorgt? Man muss bezahlen, um ein Bad nehmen zu können, und man muss für Nahrungsmittel bezahlen, ja sogar, um Wasser zu trinken. Auf unserem Land müssen wir nicht Wasser kaufen wie ihr, und wir können überall kostenlos essen.“

Die „Stolz statt Steinzeit”-Kampagne fordert Vorurteile über indigene Völker heraus. Vertreter der Öffentlichkeit, Beamte indischer Regierungsstellen, Akademiker und die Medien – sie alle werden dazu angeregt, sich der Kampagne mit ihrer Unterschrift anzuschließen. Auf dieser Grundlage soll eine Bewegung entstehen, die dafür sorgt, dass indigene Völker in Indien fundamental anders gesehen werden.

Eine Angehörige des Volks der Baiga arbeitet in einer Mine, für deren Inbetriebnahme ihre Gemeinschaft vertrieben wurde. © Sayantan Bera/Survival

Solange zugelassen wird, dass diese Vorurteile bestehen, so lange werden auch die Rechte indigener Völker verletzt. Ihr Recht auf ihr Land und darauf zu entscheiden, wie sie leben wollen, muss respektiert werden.

Besuchen Sie die Website der „Stolz statt Steinzeit”-Kampagne für weitere Informationen: www.notprimitive.in

Der Start der „Stolz statt Steinzeit”-Kampagne erfolgt nur wenige Tage nachdem die Nationale Beratungsversammlung einen Entwurf mit Empfehlungen zu „Spezifischen Entwicklungsherausforderungen für besonders gefährdete indigene Gruppen (PVTG)“ veröffentlicht hat. Dieser Entwurf enthält zwar einige durchaus positive Empfehlungen, aber verpasst die Chance, die Anerkennung indigener Landrechte an erste Stelle zu setzen.

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