1. Obwohl es auf der Welt 7.000 Sprachen gibt, spricht die eine Hälfte der Weltbevölkerung nur 23 davon. Andererseits gibt es beinahe 3.000 Sprachen, die als bedroht gelten und das bedeutet, dass aktuell fast die Hälfte der sprachlichen Vielfalt auf unserem Planeten gefährdet ist.
2. Der sprachlich vielfältigste Ort auf der Erde ist die Insel Neuguinea, die sich in den unabhängigen Staat Papua-Neuguinea und die Provinz West-Papua, welche unter indonesischer Besatzung steht, gliedert. Auf einer Fläche von 786.000 km² werden circa 1.000 Sprachen gesprochen. In Europa werden zum Vergleich auf einer Fläche von etwa 10 Millionen km² nur rund 100 Sprachen gesprochen.
4. Ungefähr die Hälfte aller Sprachen der Welt hat keine Schriftform, doch dies bedeutet keinesfalls, dass es ihnen an Kultur fehlt. Ungeschriebene Sprachen sind reich an mündlichen Traditionen. Geschichten, Lieder, Poesie und Rituale werden von Generation zu Generation übertragen und bleiben auch über die Zeit hinweg erstaunlich konsistent und zuverlässig. Wissenschaftler*innen entdecken immer mehr Ereignisse, die teilweise schon Jahrtausende zurückliegen, die in indigenen Überlieferungen aber dokumentiert und erhalten sind, weitererzählt und erstaunlicherweise über Hunderte von Generationen bewahrt.
5. Kein Mensch auf der Erde spricht eine „primitive“ Sprache – so etwas gibt es nicht. Alle Sprachen haben komplexe und einzigartige Regeln für Betonung, Wörter und Grammatik, die ihre Sprechenden kennen und intuitiv verstehen. Tatsächlich erweisen sich gerade indigene Sprachen oft als sehr komplex und spezialisiert, besonders wenn sie von nur wenigen hundert Personen in abgelegenen Gebieten gesprochen werden. Große globale Sprachen wie Englisch, Spanisch oder Mandarin sind relativ einfach und folgen einem vorhersehbaren Muster. Aufgrund dieser Einzigartigkeit sind die Sprachen, die am meisten gefährdet sind, wohl diejenigen, die uns am meisten über die unglaubliche Breite und Vielfalt der menschlichen Wahrnehmung und Erfahrung lehren können.
7. Die von dir gesprochene Sprache formt deinen Bezug zur Welt, begrenzt aber nicht was du denken und verstehen kannst. Während wir eine Abfolge von Ereignissen oder Bildern von links nach rechts anordnen würden, ordnen die Sprechenden einer indigenen australischen Sprache Geschehnisse von Ost nach West, wie den Verlauf der Sonne. So würden sie zum Beispiel eine Bilderserie einer alternden Person unterschiedlich anordnen, je nachdem in welche Richtung sie gerade blicken. Die meisten von uns können nicht mehr instinktiv Ost oder West erkennen, also wären wir in den Augen dieser Menschen nicht im Stande, die Bilder in die „richtige“ Reihenfolge zu bringen. Doch nur weil wir die Welt mit anderen Augen sehen, heißt das nicht, dass wir nicht ihre Logik verstehen.
8. Welche Sprache auch immer du sprichst, Menschen sind Menschen. Wörter wie „Mama“ oder „Papa“ sind erstaunlich ähnlich in beinahe jeder Sprache, mit Variationen wie „tata“, „dada“ und „nana“. Ist dies der Beweis für eine tiefe historische Beziehung zwischen allen Sprachen? Nein. Was es aber zeigt, ist, dass die Münder von Babys gleich sind. Töne wie „ma“, „pa“, „da“ und „ga“ sind am einfachsten zu formen, daher lernen Babys diese am schnellsten. Alle vernarrten Eltern nehmen an, dass sie ihr Kind persönlich anspricht, also werden „Mama“ und „Papa“ Teil des Wortschatzes.