Es gibt weltweit mehr als einhundert unkontaktierte Völker

Unkontaktierte Völker sind indigene Gruppen, die den Kontakt mit Außenstehenden meiden. Unkontaktierte Völker sind weder rückständig noch sind sie primitive Überreste aus einer entfernten Vergangenheit. Sie sind unsere Zeitgenoss*innen und ein sehr wichtiger Teil der menschlichen Vielfalt. Wo ihre Rechte geachtet werden, können sie weiterhin gut und erfolgreich leben. Aber ihr Überleben ist durch Gewalt, Krankheiten und Rassismus bedroht.

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Es gibt mehr als einhundert unkontaktierte Völker auf der ganzen Welt, vom Amazonas-Gebiet bis Indonesien, vom Indischen Ozean bis zum Chaco-Wald. © Survival

 

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Wächter*innen

Indigene Völker sind die besten Wächter*innen der Natur, und Belege zeigen, dass indigene Gebiete die beste Barriere gegen Abholzung darstellen. Dieses Foto zeigt das Land eines unkontaktierten Volkes als eine grüne Insel in einem Meer der Abholzung (die orange Linie zeigt die Grenze des Gebietes). Es war das Zuhause des „Letzten seines Volkes“. Seine Angehörigen wurden vermutlich von Viehzüchter*innen niedergemetzelt, die ihr Land besetzt hatten. Im September 2022 ist der indigene Mann ebenfalls verstorben. Mit seinem Tod wurde der Völkermord an einem weiteren indigenen Volk in Brasilien vollendet.

Der beste Weg, die Zerstörung des Amazonas-Regenwaldes aufzuhalten, besteht darin, für die Landrechte unkontaktierter Völker zu kämpfen.

© Survival International

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Völkermord

Ganze Gemeinden werden durch die völkermörderische Gewalt Außenstehender ausgelöscht. Diese Eindringlinge rauben nicht nur ihr Land und ihre Ressourcen, sondern schleppen auch Krankheiten wie Grippe oder Masern ein, gegen die Unkontaktierte keine Abwehrkräfte besitzen. 

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Sie töteten meine Mutter, meine Brüder und Schwestern und meine Frau.
Angehöriger der Awá, Brasilien

 
Wir wussten nicht, was eine Erkältung ist. Die Hälfte von uns starb. Die Hälfte meines Volkes starb.
Angehöriger der Murunahua, Peru

 

Vielfalt

Unkontaktierte Völker haben Lebensweisen entwickelt, die ausschließlich selbstversorgend und außergewöhnlich vielfältig sind. Sie machen das menschliche Leben viel reicher.

Die unkontaktierten Awá im brasilianischen Amazonasgebiet nutzen das Harz des Maçaranduba-Baumes um Feuer zu machen. Sie beleuchten damit ihre Häuser und jagen in der Nacht. Sie können Häuser in nur wenigen Stunden bauen – aus Lianen, Blättern und Baumstämmen.

© G. Miranda/FUNAI/Survival

Die unkontaktierten Kawahiva bauen komplizierte Leitern an Baumstämmen, um Honig aus Bienenstöcken zu sammeln. Sie bauen Fallen, mit denen sie Fische an den Bächen neben ihren Camps fangen können.

Ein unkontaktierter Mann, bekannt als der „Letzte seines Volkes“, gräbt tiefe Löcher, in denen er spitze Stöcke platziert, um große Beutetiere zu fangen.

 

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Wissen

Das Wissen unkontaktierter Völker ist unersetzlich und hat sich über Jahrtausende entwickelt. Durch ihre botanischen und zoologischen Kenntnisse haben sie ein beeindruckendes Verständnis für ihre natürliche Umgebung und zeigen einzigartige Lösungen für eine nachhaltige Lebensweise auf. Viele unserer Grundnahrungsmittel und zahlreiche Arzneimittel, die in der westlichen Medizin eingesetzt werden, haben ihren Ursprung in indigenen Gesellschaften und Millionen Leben gerettet. Unkontaktierte Völker sind wahrscheinlich der Schlüssel zu vielen weiteren „Geheimnissen“ ihres Waldes.
© Peetsa/FUNAI/CGIIRC Archive

 

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Landraub und aufgezwungener Kontakt

Wir wenden uns gegen Versuche von Außenstehenden, sie zu kontaktieren. Dies ist immer fatal und eine Kontaktaufnahme muss ihre alleinige Entscheidung sein. Diejenigen, die in die Gebiete unkontaktierter Völker eindringen, verwehren ihnen die Möglichkeit, sich dafür oder dagegen zu entscheiden.

 

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Allen unkontaktierten Völkern droht eine Katastrophe, wenn ihr Land nicht geschützt wird.
Wir tun alles in unserer Macht Stehende, um es für sie zu schützen und ihnen die Chance zu geben, ihre eigene Zukunft zu bestimmen.

 

Erfahre mehr über besonders dringliche Fälle, in denen unkontaktierte Völker unmittelbar vor der Vernichtung stehen:

1. Ayoreo, Paraguay: Das letzte unkontaktierte Volk in Südamerika außerhalb des Amazonasgebiets harrt auf einer immer kleiner werdenden Insel aus Wald aus, während Bulldozer, die Land für Viehzüchter*innen roden, sie umzingeln und immer dichter an sie heranrücken.

2. Unkontaktierte Völker, Peru: Auch nach Jahren unsinniger Bürokratie hat die peruanische Regierung einige indigene Gebiete, auf die unkontaktierte und kürzlich kontaktierte Völker für ihr Überleben angewiesen sind, noch nicht durch ein Gesetz geschützt.
 

Was meinen wir mit „unkontaktierten Völkern“?

Indigene Völker, die den Kontakt mit Außenstehenden meiden. Das können entweder ganze Völker sein oder aber kleinere Gruppen von bereits kontaktierten Völkern.

Bedeutet das, dass die Menschen überhaupt keinen Kontakt zur Außenwelt haben?

Nein. Jeder Mensch hat Nachbar*innen, auch wenn diese manchmal sehr weit entfernt leben. Aber man kennt sich doch. Wenn die Nachbar*innen selbst ein indigenes (unkontaktiertes) Volk sind, stehen sie vielleicht sogar in friedlichem Kontakt.

Waren sie früher einmal kontaktiert?

In einigen Fällen wohl ja. Manche hatten in der Vergangenheit wahrscheinlich Kontakt zu Siedler*innen und haben sich vor der Gewalt zurückgezogen, die sie dabei erfahren haben. Einige haben sich vielleicht auch von einer größeren Gruppe abgespaltet, um Kontakt zu vermeiden.

Leben sie heutzutage also nicht unbedingt wie vor mehreren Jahrhunderten?

Nein, das tut niemand. Einige Amazonas-Völker besaßen sogar Waffen, die sie aus dem Tausch mit benachbarten indigenen Völkern erhalten hatten, bevor sie je einen nicht-indigenen Menschen trafen. Die meisten unkontaktierten Völker haben Werkzeuge aus Metall benutzt, die sie gefunden, gestohlen oder mit ihren Nachbar*innen getauscht haben. Und das seit vielen Jahren oder sogar Generationen. Unkontaktierte Völker auf den Andamanen-Inseln beispielsweise benutzen Metallteile von Schiffswracks.  

Sind unkontaktierte Völker reine, ursprüngliche Gesellschaften?

Nein - alle Völker ändern sich ständig und haben dies auch schon immer getan – auch unkontaktierte Völker. Survival sieht keine Kultur und kein Volk als „rein“ oder „ursprünglich“ an. Auch unkontaktierte Völker sind weder rückständig noch aus der Steinzeit. Sie leben einfach nur anders.

Verweigern wir ihnen nicht die Errungenschaften der westlichen Medizin?

Nein - unkontaktierte Völker haben ein umfassendes Wissen über ihre Umwelt und die Heilpflanzen, die sie zur Behandlung der ihnen bekannten Krankheiten einsetzen. Durch den Kontakt werden jedoch fast immer neue Krankheiten eingeschleppt, gegen die sie nicht immun sind, und die mit großer Wahrscheinlichkeit zumindest einige von ihnen töten, selbst wenn medizinische Soforthilfe geleistet wird.

Wenn sie über unsere Lebensweise Bescheid wüssten, würden sie doch sicher das gleiche wollen?  

Die von der Kolonialgesellschaft angebotene Alternative besteht fast immer aus einer „Integration“ auf niedrigster Stufe - oft in bitterer Armut. Die Geschichte beweist, dass es indigenen Völkern nach dem Kontakt mit uns in der Regel viel schlechter geht - wenn sie überhaupt überleben.

Sie können nicht für immer „in Ruhe gelassen“ werden!

Warum nicht, wenn die Alternative ihre Auslöschung ist? Wir lehnen Versuche von Außenstehenden ab, mit unkontaktierten Völkern in Kontakt zu treten. Das ist immer tödlich und jede Kontaktaufnahme muss allein ihre Entscheidung sein. Die Lösung ist klar: Schützt ihr Land, damit sie so leben können, wie sie es sich wünschen.

Warum verwendet ihr den Begriff „Unkontaktiert“?

Unkontaktierte Völker als solche zu bezeichnen, ist verkürzt und wie andere Fremdzuschreibungen auch mindestens problematisch. Besonders die Auswirkungen von Landraub oder früherer Gewalt und Kolonisierung finden sich in dem Begriff nicht wieder. Wir versuchen dies „auszugleichen“, indem wir sehr deutlich auf diesen Zusammenhang und aktuelle Gewalt und Landraub hinweisen. Bei alternativen Begriffen, die für diese Gruppen geläufig sind, wie „in freiwilliger Isolation lebende“ indigene Völker sehen wir diese Probleme allerdings auch.

Wenn der Begriff „unkontaktiert“ so problematisch ist, warum nutzt ihr ihn dann überhaupt?

Weil es wichtig ist, deutlich zu machen, dass „unkontaktierte Völker“ sich eindeutig von anderen indigenen Völker unterscheiden. Kontakt zur Mehrheitsgesellschaft ist für sie oft durch Krankheitsübertragung tödlich, was für andere indigene Völker mit regelmäßigem Kontakt zur Mehrheitsgesellschaft weniger problematisch ist. Wenn wir auf Bedrohungen hinweisen, ist diese Unterscheidung wichtig, weil sich daraus auch spezielle Rechte ableiten. Zum Beispiel ist das Verbot von Zwangskontakt in der „American Declaration on the Rights of Indigenous Peoples“ und auch in mehreren nationalen Gesetzen für diese Gruppen festgehalten. Für unkontaktierte Völker ist dieses Verbot von Zwangskontakt lebenswichtig, aber würde für andere indigene Völker vermutlich seltsam und paternalistisch anmuten. Daher brauchen wir diese Unterscheidung. Das gilt auch für andere Fälle: Zum Beispiel treten wir für das Recht auf freie, vorherige und informierte Zustimmung (FPIC) ein. Indigene Völker müssen zustimmen, bevor irgendjemand Projekte durchführt, die sie betreffen. Aber für unkonkatierte Völker könnten wir das nicht genauso fordern, denn Zustimmung würde ja Kontakt voraussetzen. Und dieser wäre fatal.

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