'Belege' für gewalttätige Yanomami basieren auf falschen Daten

21 September 2013

Der Direktor von Survival hat Napoleon Chagnons Behauptung, dass die Yanomami ‘kriegerisch’ und gewalttätig seien, in einem neuen Artikel zurückgewiesen. © Fiona Watson/Survival

Diese Seite wurde 2013 erstellt und enthält möglicherweise Formulierungen, die wir heute nicht mehr verwenden würden.

Ein neuer Artikel von Survival Internationals Direktor Stephen Corry zeigt gravierende Fehler in der verbreiteten Behauptung, dass die Yanomami “kriegerisch" und gewalttätig seien. Die unabhängige Nachrichten-Organisation Truthout veröffentlichte Corrys Artikel am Samstag.

Professor Noam Chomsky hat dies begrüßt: “Ich freue mich über Corrys Abrechnung mit dem Bild der ‘brutalen Wilden’! Seine neue Analyse von Chagnons Rolle lässt kaum Fragen offen.”

Die Unterstellung von extremer Gewaltsbereitschaft durch den amerikanischen Anthroplogen Napoleon Chagnon stößt auf Beifall bei den berühmten Wissenschaftsautoren Steven Pinker (USA) und Richard Dawkins (GB).

Chagnon behauptet, dass die „Yanomamö“ (wie er sie nennt) in einem Zustand ständigen Krieges leben, wobei die meisten Kämpfe sich um Frauen drehen würden. 45% der Männer seien Mörder. Er meint außerdem, dass mordende Männer gegenüber den Männern, die nie jemanden umgebracht haben, einen genetischen Vorteil hätten.

Corry demonstriert, dass Napoleon Chagnon seine Daten darüber, wieviele Yanomami behaupten getötet zu haben, falsch auslegt. © Fiona Watson/Survival

Chagnons Abhandlung wird herangezogen, um die Vermutung, dass die Menschheit vor der Gründung des Staates viel gewalttätiger war, zu untermauern.

In seinem neuen Artikel enthüllt Corry jedoch,:

- dass Chagnon seine Daten falsch darstellt. Selbst, wenn sie korrekt wären, was sehr unwahrscheinlich ist, erhöht Chagnon die Zahl der Yanomami, die laut eigenen Angaben jemanden umgebracht haben.

- dass selbst wenn man Chagnons Zahlen für bare Münze nimmt, es weniger Yanomami-Morde gibt als Tote in Kriegen der Industrienationen, was auch das Hauptargument aus Steven Pinkers Buch Gewalt – Eine neue Geschichte der Menschheit enkträftet.

- dass Chagnon sich selbst widerspricht, was die internen Überfälle der Yanomami angeht.

- dass Chagnon bereits an seinem ersten Tag bei den Yanomami zu seinem Urteil kam.

- dass Chagnon überzogene Berichte evangelischer Missionare als Beweis für seine Theorie heranzieht. Im Gegenzug lobte er die Arbeit dieser Missionare, auf die er für seine Feldforschung auch angewiesen war. Sein Mythos der “brutalen Wilden” erinnert an die evangelikal Darstellung der “Heiden”.

Stephen Corry sagte heute: “Das ist nicht nur ein Streit unter Akademikern. Es ist eine Frage, wie wir unsere Entwicklung sehen. Die Vorstellung, dass der ‘moderne Staat’ wissenschaftlich belegt Frieden und Wohlstand bringt, ist Unsinn! Aber sie wird nun dazu benutzt, um die furchtbaren Gräueltaten, die sie den Machtlosen zufügt, zu rechtfertigen. Chagnons Lügen fügen allen indigenen Völkern Schaden zu.“

Hinweis an die Redaktion:
- Lesen Sie den ganzen Artikel von Stephen Corry, der am 21. September 2013 in Thruthout veröffentlicht wurde. (auf Englisch)
- Erfahren Sie mehr über den Mythos der “brutalen Wilden”

Yanomami
Indigenes Volk

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