Kritik an der heutigen Vergabe des Grzimek-Preises

19 September 2022

Wir sollten nicht glauben, dass Grzimeks NS-Vergangenheit 1945 spurlos verschwand – auch wenn er das gern so gewollt hätte. Seine Ideen waren im Naturschutz mehr als anschlussfähig und haben sich bis heute in der Naturschutzpolitik gehalten © Survival International

Zur Vergabe des mit 50.000€ dotierten KfW-Bernhard-Grzimek-Preises kritisiert Fiore Longo von Survival International die fehlende Aufarbeitung von Grzimeks NS-Vergangenheit und seinen rassistischen Überzeugungen, die heute noch deutsche Naturschutzprojekte im Ausland prägen – zum Leid indigener Völker.

„Grzimeks Mission im internationalen Naturschutz begann mit einem Kampf gegen die Landrechte der indigenen Massai. Er machte Landraub salonfähig, indem er indigene Völker auf ihrem angestammten Land als Eindringlinge darstellte, die einer vermeintlichen ‚Wildnis’ schaden würden. Und er kurbelte die professionelle Überwachung von und den Tourismus in Schutzgebieten an, die ebenfalls Land- und Menschenrechtsverletzungen verursachen.

Es stimmt: Wie kein Zweiter hat Bernhard Grzimek in Deutschland Vorstellungen über Naturschutz geprägt. Doch es stimmt auch, dass diese Ideen uns heute als menschenfeindlich, kolonial und rassistisch abschrecken sollten. Dennoch hat sich die KfW-Stiftung erneut entschieden, seine Rolle als Botschafter dieses Naturschutzes zu würdigen.

Die Folgen der Verehrung tragen indigene Völker. Sie geraten heute – wie zu Grzimeks Zeiten – unter die Räder, wenn deutsche Naturschützer*innen in der Tradition des ‚Tieronkels’ weltweit zum ‚Schutz der Natur’ anrücken.

Die KfW etwa – die Stifterin der KfW-Stiftung – ist nicht irgendjemand. Sie zählt mit fast 3 Milliarden Euro an laufenden Projekten zu den größten Geberinnen für internationale Naturschutzprojekte. Die Nationalparks Lobeke, Salonga oder Kahuzi-Biega sind dabei nur einige der Schauplätze von Landraub und Gewalt gegen indigene Völker, die sie hinterlassen hat.

Aber auch deutsche Naturschutzverbände wie die Zoologische Gesellschaft Frankfurt oder der WWF, an deren Gründung Grzimek beteiligt war, machen mit der Missachtung der Rechte indigener Völker Schlagzeilen.

All das, obwohl indigene Völker nachweislich die besseren Naturschützer*innen sind und 80 % der Artenvielfalt der Erde schützen.

Wir sollten nicht glauben, dass Grzimeks NS-Vergangenheit 1945 spurlos verschwand – auch wenn er das gern so gewollt hätte. Seine Ideen waren im Naturschutz mehr als anschlussfähig und haben sich bis heute in der Naturschutzpolitik gehalten."

Hinweis an die Redaktion

- Lesen Sie hier Survivals Brief an die KfW-Stiftung mit Bitte um Umbennenung des Preises und Auseindersetzung mit Grzimeks Erbe. Der Brief enthält auch weitere Erläuterungen zu Grzimeks Leben und Wirken. Die KfW-Stiftung hat die Bitte abgelehnt.

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