Deutsche Entwicklungshilfe schadet der Gesundheit und Gleichberichtigung indigener Frauen

15 November 2016

Die Gleichberechtigung in den befragten Gemeinden leidet, weil gemeinsames Jagen und die gemeinsame Kindererziehung kaum noch möglich sind. © © Salomé/Survival

Diese Seite wurde 2016 erstellt und enthält möglicherweise Formulierungen, die wir heute nicht mehr verwenden würden.

Survival International, die globale Bewegung für die Rechte indigener Völker, zeigt sich angesichts schwerer Gesundheitsprobleme indigener Frauen in der Zentralafrikanischen Republik besorgt. Einer Studie zufolge werden diese teilweise durch ein vermeintliches Vorzeigeprojekt der deutschen Entwicklungszusammenarbeit verursacht.

In der kürzlich veröffentlichten Studie waren 18 Prozent der untersuchten indigenen Bayaka-Frauen chronisch unterernährt. In der Gruppe von Frauen über 40 müsse man sogar von einer „öffentlichen Gesundheitskrise“ sprechen, erklärte eine der Autorinnen der Studie, Melissa Remis.

Die betroffenen Bayaka-Frauen leben in dem weltbekannten Schutzgebiet Dzanga-Sangha, an der Grenze des Dzanga-Ndoki-Nationalparks. Dzanga-Sangha wird in der Studie als einer der Hauptgründe für die schlechte Versorgung der Bayaka-Frauen und ihrer Gemeinden genannt.

Die Einrichtung des Schutzgebietes war nur dank jahrelanger Förderung deutscher Entwicklungsorganisationen wie der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) möglich, die bis 2015 über 34 Millionen Euro für das Schutzgebiet zur Verfügung stellte. Noch im vergangenen Jahr besuchte Entwicklungsminister Müller Dzanga-Sangha und betonte den Erfolg des Parks.

Seit der Schaffung des Schutzgebietes gelten für die Bayaka-Gemeinden, die jagen und sammeln um ihre Familien zu ernähren, Einschränkungen in der Nutzung ihres angestammten Landes. Auch der Bestand kleiner Wildtiere, auf die die Bayaka für ihre Versorgung angewiesen sind, ist trotz der Errichtung des Schutzgebietes zurückgegangen.

Die Bayaka selbst müssen andere Arbeiten wie Feldarbeit aufnehmen, um zu überleben. Diese können jedoch die negativen Auswirkungen durch Dzanga-Sangha nicht auffangen.

Das Schutzgebiet Dzanga-Sangha – vermeintliches Vorzeigeprojekt der deutschen Entwicklungszusammenarbeit – wird in der Studie als einer der Hauptgründe für die schlechte Versorgung der Bayaka-Frauen genannt. © Salomé/Survival

Auch die Gleichberechtigung von Mann und Frau, die üblicherweise in den Gemeinden herrscht, leidet, weil gemeinsames Jagen und die gemeinsame Kindererziehung kaum noch möglich sind.

Survival hat zudem Dutzende Menschenrechtsverletzungen durch Wildhüter aus den letzten zwei Jahrzehnten dokumentiert – darunter Schläge, Folter, Diebstahl und Vertreibung.

„Wenn wir Frauen beim Sammeln von Wildfrüchten oder beim Fischen auf Wildhüter treffen, schlagen sie uns. (…) Was sollen wir tun? Das Projekt hat alles genommen, direkt aus unseren Händen“, erklärte eine Bayaka-Frau gegenüber Survival.

Stephen Corry, Direktor von Survival International, sagte: „Gut gemeint ist nicht gut gemacht. Indigene Völker sind als Selbstversorger von ihrer Umwelt abhängig. Sie von ihrem Land zu trennen kommt einem Todesurteil gleich. Der Schutz des Gebietes ist nötig, um Abholzung und illegalen Wildtierhandel zu stoppen, aber bisher scheitert der Naturschutz an diesen Problemen.“

Hinweise an die Redaktion

- Dzanga-Sangha ist Teil eines Schutzgebiet-Komplexes, der sich über die Zentralafrikanische Republik, die Republik Kongo und Kamerun erstreckt. Auch in Kamerun werden indigene Jäger*innen von ihrem angestammten Land ausgeschlossen. Ihnen drohen Haft, Folter und manchmal sogar Tod, während auf Teilen ihres Landes bezahlte Großwildjagd gefördert wird.

- Die Studie bezieht sich auf Untersuchungen aus dem Jahr 2012, vor Ausbruch von Unruhen im Land. Die Zahlen wurden während der regionalen Honigernte erhoben, die typischerweise eine Zeit des Überflusses für die Bayaka ist.

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