Indien: Von Naturschutz bedrohte Indigene planen historischen Protest

15 März 2018

Von einer illegalen Räumung bedrohte Baiga-Frauen, Achanakmar-Tigerreservat. Die Dorfbewohner sind entschlossen zu bleiben und wollen ihr Zuhause im Wald nicht verlassen. © Survival

Diese Seite wurde 2018 erstellt und enthält möglicherweise Formulierungen, die wir heute nicht mehr verwenden würden.

Hunderte Angehörige des Baiga-Volkes planen an diesem Wochenende einen historischen Protest. Sie kritisieren damit Versuche der Regierung, sie aus den Wäldern zu vertreiben, die sie seit jeher bewohnen und bewirtschaften. Die Baiga sind international als Inspiration für Kiplings „Das Dschungelbuch“ bekannt.

Baiga aus über 70 Dörfern, die sich über ein Gebiet von 1.500km2 erstrecken, haben sich zusammengeschlossen, um gegen Versuche der Behörden zu protestieren, zwei Baiga-Gemeinden aus einem Wildtierkorridor zu vertreiben. Dutzende von benachbarten Baiga-Gemeinden fürchten nun als nächste ihr Zuhause zu verlieren und in Armut, Ausbeutung und Not zu enden.

Ein ähnliches Schicksal könnte vielen Baiga bei einer illegalen Räumung drohen: Eine Baiga-Frau arbeitet für einen Hungerlohn in einer Bauxit-Mine. © Sayantan Bera/Survival

Die Baiga sind vor allem wegen zwei anstehenden Räumungen besorgt, obwohl Behörden und der World Wildlife Fund (WWF) erklärt hatten, dass die Räumungen nicht in den Korridoren stattfinden würden, die zwischen den geschützten Naturreservaten verlaufen.

Laut Gesetz müssen alle Umsiedlungen indigener Völker freiwillig geschehen, auch wenn sie in ausgewiesenen Naturschutzgebieten leben. Dennoch berichten die Baiga von andauernden Drohungen, Einschüchterung und Gewalt, die ihnen gar keine Wahl lassen außer ihr Zuhause zu verlassen.

Der Baiga-Älteste Bhardan Singh berichtete gegenüber Survival International: „Die Forstbeamten schlugen mich bis ich vom Baum fiel. Ich brach meinen Hüftkochen und konnte nicht mehr stehen. Ich kroch bis zur Grenze des Parks. Die Wächter ließen mich einfach liegen und gingen fort.“

Diese Khadia wurden aus einem Tigerreservat vertrieben und mussten monatelang unter Plastikplanen leben. Zugesagte „Entschädigungen“ wurden nur selten erfüllt. © Survival

Der Protest dieses Wochenendes ist ein lokaler Höhepunkt in einem andauernden nationalen Konflikt. Indigene Völker, die in Tigerreservaten verteilt in ganz Indien leben, werden gezwungen ihre angestammten Gebiete für Tigerreservate zu verlassen. Doch das Beispiel des ersten Tigerreservates Indiens, in dem ein indigenes Volk ein Bleiberecht erkämpfte, zeigt, dass Mensch und Tiger auch nebeneinander leben können: In dem Schutzgebiet stieg die Zahl der Tiger rapide an.

Survival International, die globale Bewegung für die Rechte indigener Völker, ruft seit November letzten Jahres zum Reiseboykott auf. Survival bittet Reisende keine Tigerreservate zu besuchen, bis die indische Tigerschutz-Behörde das Recht indigener Völker respektiert, in ihren Wäldern zu leben und diese zu beschützen.

Stephen Corry, Direktor von Survival International, sagte dazu: „Diese Vertreibungen inner- und außerhalb der Tigerreservate sind ungerechtfertigt und illegal. Sie zerstören nicht nur das Leben der Menschen, die aus ihrem Zuhause vertrieben werden, sie helfen auch den Tigern nicht. Die Behörden und der WWF versprachen, dass es keine Räumungen geben würde – wie so oft haben sich solche Versprechungen als wertlos herausgestellt.“

Hintergrund:
- Baiga bedeutet „Medizinmann“. Das Baiga-Volk ist für seine markanten Tätowierungen und eine enge Beziehung zur Natur bekannt.
- 2013 wurden Indigene aus dem Similipal-Tigerreservat vertrieben. Bei Besuchen kurz nach den Vertreibungen lebten sie unter verheerenden Zuständen in provisorischen Unterkünften aus Plastikplanen.
- Viele Baiga wurden 2014 aus dem naheliegenden Kanha-Tigerreservat vertrieben. Sie haben kein Land, keine Häuser oder Unterstützung erhalten, sollten aber mit dem Entschädigungsgeld selbst Land kaufen: ein fremdartiges Konzept für jemanden, der sein Leben lang im Wald gelebt hat. Baiga berichteten gegenüber Survival International: „Wir haben etwas Geld bekommen, aber wir sind verloren – auf der Suche nach Land. Es gibt hier nur Traurigkeit. Wir brauchen den Dschungel.“

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